Freitag, 21. April 2017

"Hallo, die Leeeenauer!" (1) 25 Jahre Schulschafe.

Hallo,

schon seit langen Zeiten habe ich hier nichts mehr geschrieben. Auch das Layout kommt mir ein bisschen ranzig vor. Mal sehen, was sich da ändern kann.


Aber es hat sich in der Herde eine ganze Menge verändert. Mittlerweile, 2017, sind es 16 Pensionstiere.

Davon unterhalte ich zehn, zwei weitere Schafförderinnen, Britt und Heike, gemeinsam sechs. Eines unserer Schafe, Cognac, sprang im Herbst über den Zaun zurück zur Mutterherde der Schäferei. Wir haben sie dort gelassen, wenn es ihr da besser gefällt als bei den Lenauern. Also besteht die Lenauer Herde aktuell aus 15 Schafen. Aber wir unterstützen Cognac weiterhin finanziell. 


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Die Lenauer heißen Lenauer, weil sie, das heißt, einige von ihnen, einmal die Schulschafe der Lenau-Grundschule in Berlin Kreuzberg waren. Die Lenau-Schule hielt über 25 Jahre lang Schafe in einem Gehege auf einem der beiden Schulhöfe.




Dort wurden auch Schafe geboren. Paul, Fläumchen-Agathe und Milli wurden auf dem Schulhof-Gehege geboren. 



Dieser Kleine wurde mit drei anderen, die ihre Mütter
verloren hatten, gerettet und an der Schule gemeinsam 
mit Kindern zusammen aufgezogen.
Wir nannten ihn Tüpfel. 
Er war sehr süß. Leider unterlief dem Tierarzt 
bei der Kastration ein schlimmer Fehler und Tüpfelchen starb.
Das war 2005.

Thilus, der vorne auf dem Bild so genüsslich Heu frisst, kam 2002 mit drei Monaten zu uns an die Schule, zusammen mit Nello, der leider im letzten Jahr verstarb.



Paul, im Jahr 2004, 
im Alter von 10 Monaten
im Gehege der LenauSchule

Thilus ist jetzt, im Jahr 2017, 15 Jahre alt, Milli ebenfalls. Fläumchen und Paul sind Thilus' Kinder, sie sind 14 Jahre alt.



Kinder tollen mit Alma übern "Schafehof".
(September 2007)
Alma hat die Kinder der Schule immer sehr begeistert.
Sie war ungeheuer klug und lebte auf, wenn sie mit Kindern zusammen sein konnte.

Zwei unserer Schafe, Willi und Fleckchen, wurden über 20 Jahre alt, manche starben mit 14 wie Nello oder mit 16 wie Alma. Andere, jüngere, kamen hinzu - aus den verschiedensten Gründen.



Ersin im Gehege.
Er gräbt Klee für ein Unterrichtsprojekt
"Wildpflanzen" aus.
Alma schaut zu.
(September 2007)

Am 12. Dezember 2007 kamen elf Schulschafe mit einem Tiertransporter der Klauentierklinik Berlin-Düppel in der Schäferei bei Fehrbellin an und begannen dort ihr neues Leben.


Sie waren an der Schule von seiten vieler Erwachsenen nicht mehr erwünscht gewesen. Weil kaum eine/r der LehrerInnen und ErzieherInnen eine Bindung mehr zu den Schafen hatte und einige zum Teil auch meinten, Schafe gehörten nicht an eine Schule (??) und nähmen den Kindern den Platz weg (???), wurde die Situation kompliziert.


Fast alle der  Lehrerinnen und Erzieherinnen aus unserer früheren "Schafegruppe" waren pensioniert oder hatten die Schule gewechselt, neue Erzieherinnen und LehrerInnen waren ins Kollegium hinzugekommen.  

So waren die Freude, die Empathie und damit  auf eine Weise auch der Schutz aus Sympathie für die Schafe im Kiez anscheinend weggefallen. 

Vorher gehörten die Schafe zur Identität der Schule, alle im Viertel wussten, dass die Kinder sie lieben, also tat ihnen keiner etwas. Das war schön. 25 Jahre lang.





Kinder misten den Stall aus.
Eine harte, anstrengende,
aber schöne gemeinsame Arbeit.
(2003)




Sie fahren den Mist zum Misthaufen.
Wir haben auch kompostiert und später den Kompost 
im Hof unter den Pflanzen verteilt. (2003)



Großreinemachen im Gehege und im Stall.
Oft wurden die Schafsköttel weggeharkt.
Das war bei Schülern sehr beliebt.
Nello schaut zu. (2003)

Heute noch, wenn ich ehemalige Schüler treffe, die mit den Schafen zu tun hatten oder im Wollraum etwas herstellten, ist meist die erste Frage: Wie geht es den Schafen? Gibt es die Schafe noch? Wenn man die Kinder gefragt hätte, wäre das Ergebnis wohl eindeutig gewesen....

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Am 3. Oktober 2007 gab es einen schlimmen Übergriff. 

Drei Schafe waren verletzt, eines sehr schwer. 

Für die Betreuung der Schafe während der Schulzeit und auch der Ferienzeiten war Minna allein übrig geblieben. Das war seelisch sehr fordernd, allein die Verantwortung zu tragen und ich hätte eine Videoüberwachung einrichten müssen, wären die Schafe ohne weiteren personellen Rückhalt an der Schule geblieben.


In den Jahren davor begann der neoliberale Schub in der Bildung und den Schulen. Alle suchten verzweifelt nach der Unique Selling Proposition und bastelten Schulprofile....


Als ich einmal einen Rechtsanwalt aus Friedenau sprach und erwähnte die LenauSchule, sagte der: "Ist das nicht die mit den Schafen?" 
So etwas kam öfter vor.

Dann dachte ich mir: Wie kann es sein, wenn viele Menschen außerhalb der Schule diese mit den Schafen verknüpfen, die Schule selbst aber sie kaum wahrnimmt, um
 dann nach einem "Profil" für sich zu suchen?

Die Schafe standen ja für etwas; Für Lebensnähe, für schulisches Leben in Zusammenhängen, für Erfahrungsreichtum, für Zulassen von Bindung und persönlichen Gefühlen.


Als es dann zu dem Übergriff gekommen war, musste ich mir mit einem Gefühl der Traurigkeit eingestehen:

Die Zeit der Schafe an der LenauSchule ist vorbei. Eine neue Bleibe musste her.


Liebe LeserInnen, es gibt Darstellungsprobleme mit der Schrift... ://