Sonntag, 28. August 2011

Auf der großen Wiese

Liebe Lenauer!
Auf der großen Wiese angekommen, sah ich ganz hinten bei den großen Weidenbäumen ein paar helle und dunkle Punkte im Gras. Ein Kopf hob sich und schon war die ganze Bande in Bewegung, galoppierte her. Blitzschnell waren sie da. Hier muss man schon aufpassen, dass man nicht umgerissen wird, denn die Tiere sind sehr gierig, besonders, wenn man etwas Gutes zum Fressen dabei hat.

Ich hatte einen Beutel mit Pellets mitgenommen: Lämmerkorn. Das sind so gepresste Röllchen mit allerlei gesundem Zeug, Mineralien und so. Damit mästen die Züchter Lämmer, wenn diese im Stall gehalten werden. Es ist ein gutes Ergänzungsfutter für alle Tiere, aber man darf auch hier nicht zu viel geben. Dann erreicht man das Gegenteil und die Tiere werden krank.

Schafe haben einen hoch empfindlichen Magen. Er kann schnell zu sauer oder zu alkalisch werden. (Alkalisch oder basisch ist das Gegenteil von sauer. Das lernt man im naturwissenschaftlichen Unterricht in der fünften Klasse.) Das Tier stirbt dann unter entsetzlichen Schmerzen und sehr qualvoll. Das will natürlich keiner, doch, wenn man Schafe hält, muss man eine ganze Menge wissen, sonst macht man Fehler aus Unwissenheit und die Tiere leiden darunter. Sie sind ja von uns abhängig und darauf angewiesen, dass wir das Richtige tun.

Manche Menschen denken ja, sie haben eine große Wiese und da stellen sie einfach Schafe darauf und die "mähen" das alles dann schon weg. Vollkommen falsch! Es sind unglaublich viele Arbeiten zu leisten. Man muss z.B. die Wiese öfter wechseln, damit die Tiere nicht durch Parasiten, das kleine schädliche Tiere, krank werden. 
Manchmal regnet es nicht, dann wächst kein Gras, dann muss man Heu vom letzten Jahr zufüttern. Dieses Heu muss man irgendwo lagern. Man braucht also eine Scheune. 
Zu einer anderen Zeit regnet es zu viel, die Tiere werden nicht mehr trocken. Einen Stall brauchen die Tiere also auch, wenn es zu nass ist oder zu kalt, wenn man ihre Hufe pflegen muss oder wenn sie einmal krank sind. Das mit den automatischen Rasenmähern ist also keine gute Idee.

Schafe haben einen sehr empfindlichen Magen. Sie haben nicht nur einen, sondern vier verschiedene Mägen. Davon ein anderes Mal mehr.

Der größte Magen, der Pansen, nimmt das hastig gefressene Gras oder Heu auf, denn Schafe fressen erst einmal schnell und bringen sich dann in Sicherheit. Sie können sich in der Natur ja nicht wehren, schauen immer ängstlich herum, ob Gefahr da ist und fressen erst einmal schnell was weg.

Dann legen sie sich irgendwo hin, wo sie sich sicher fühlen und rülpsen das Gefressene wieder hoch. Nun kauen sie es in Ruhe noch einmal durch, bis es ein flüssiger, grüner Brei geworden ist. Dafür haben sie im hinteren Bereich ihres Mauls die breiten Mahlzähne.
Sie entsprechen unseren Backenzähnen. Mit denen mahlen wir auch die Nahrung klein. Dass wir Mahlzähne haben, zeigt, dass wir vorwiegend Pflanzenfresser sind. Reine Fleischfresser brauchen keine Mahlzähne. Das Gebiss eines Schafs sieht also ganz anders aus als das Gebiss einer Katze. Die Katze hat auch Backenzähne, damit zerkleinert sie ihre Jagdbeute in kleinere Happen. Die Backenzähne der Katze können auch kleine Knochen brechen. Aber die Katze kann den Unterkiefer kaum seitwärts bewegen. Deshalb sind ihre Backenzähne keine Mahlzähne. Auf dem Video, das Alma zeigt, kann man sehr gut sehen, wie sie wiederkäut. Unser Gebiss ist eher gemischt. Weil wir Mischfresser sind. Doch auch wir haben Backenzähne zum Zermahlen der Nahrung wie die tierischen Pflanzenfresser.
Noch etwas Interessantes: Schafe haben im Oberkiefer keine Schneidezähne! Nur unten. Ich kannte einmal einen Schafshalter, der hielt schon jahrelang Schafe, aber das wusste er nicht! 
Weil die Schafe ihr Gras hochholen und noch einmal kauen, nennt man sie Wiederkäuer.
Aber das wollte ich eigentlich alles gar nicht erzählen....
Also, die Schafe kamen gestern schnell zu mir hergelaufen.

Um noch weiter zu erzählen, fehlt es mir jetzt ein wenig an der Puste.
Muss mich noch  ausruhen und dann für die nächste Schulwoche etwas vorbereiten. Dabei wollte ich so gerne noch von Alma erzählen......
Kleines Rätsel: Wer bin ich hier auf den zwei Bildern?
Na, meine wenigen LeserInnen, dann ratet mal schön...
Herzliche Grüße
Christa









Weidenzweige

Liebe Lenauer!

Auf dem kleinen Hof der LenauSchule, dem Schafehof, steht eine Weide. Das heißt, sie steht eigentlich auf dem Gelände des Kindergartens neben der Schule, aber ein großer Teil ihrer Zweige hängt über den Zaun und auf ihre Weise gehörte die Weide immer zum Schafgehege dazu.


Wir nahmen manchmal Zweige ab, ein Leckerbissen für die Schafe. Besonders Alma stand oft, so lange es ging, auf ihren Hinterbeinen und versuchte, noch einen Weidenzweig zu erreichen. Auf dem Foto sieht man Alma vorne, die anderen ruhen sich mit Elke, der Schafepflegerin, unterm Weidenbaum aus. Das war im Sommer 2007.
Auch neben dem kleinen Stall in Garz steht eine solche Weide. 


Als Willi, Conny und Fleckchen aus dem Stall herausgingen, gab ich ihnen ein paar Weidenzweige zum Fressen. 
Willi und Conny machten sich darüber her und Fleckchen, die schon auf einem ganz anderen Teil der Wiese herumgeturnt hatte, kam - schwupps!- auch ganz schnell wieder zurück, als sie merkte, dass die anderen etwas Schönes zum Fressen hatten und sie war nicht dabei.
So fand sie das dann schon besser :

Als die drei mit Fressen beschäftigt waren, nahm ich meinen Hocker und Rucksack und ging zur großen Weide mit den anderen Lenauer Schafen.

Vielleicht ist es noch wichtig zu sagen, dass Schafe sehr gern Laub fressen, sie mögen die Blätter der Bäume zum Fressen gern. Doch nicht alle Blätter tun ihnen gut. Wir hatten einmal ein großes Krankheitsproblem auf dem früheren Schafehof, als Kinder den Schafen Buchsbaumzweige zum Fressen gegeben hatten. Diese Blätter sind giftig. Das hatten die Kinder nicht gewusst. Sie hatten den Schafen etwas Gutes tun wollen. Frau Biel sah das und nahm die Zweige weg.
Einige Schafe hatten aber schweren Durchfall, der behandelt werden musste, sonst hätten sie sterben können... Ich selbst wusste nie so genau, welche Blätter und Zweige den Schafen gut tun und fragte immer Frau Biel, die Lehrerin, die die Schafe vor mir betreute. Weidenblätter sind nicht giftig, sagte sie mir, die können unsere Schafe ruhig fressen. Aber wie überall, gilt: Nicht zu viel auf einmal!

Viele Grüße
Christa Brenner-Nees


Samstag, 27. August 2011

Für alle, die Alma mögen





Zunächst einmal: Das Altenheim:

 Heute fuhr ich sehr früh los, so um halb acht Uhr. Für einen Samstag, wo man ausschlafen kann, ist das sehr früh, denke ich mir.
Gestern nach der Schule, so um halb zwölf Uhr mittags, hatte ich schon einen Versuch gestartet, war aber gescheitert und steckte kurz hinter Berlin gnadenlos im Stau. Da es so unglaublich heiß war und sich auf der Autobahn nichts fortgewegte, dachte ich mir: "Mit Bruno heute den baumlosen Weg in der prallen Sonne gehen? Er wird einen Kreislaufkollaps bekommen." Nachdem ich eine halbe Stunde Stop and Go mitgemacht hatte, fuhr ich raus, wendete (natürlich nicht auf der Autobahn!) und fuhr wieder nach Berlin zurück. Für hundert Kilometer Benzin und zweieinhalb Stunden Zeit verplempert.
"Dann wirst Du also morgen fahren", sagte ich mir, "morgens ist die Autobahn frei." Das war sie dann auch. Spaziergang mit Bruno etwas anstrengend, weil wir zwei Hunden mit Herrchen begegneten und beim zweiten Hund, einem großen Schäferhund, rastete Bruno vollends aus. ich konnte ihn halten und ausweichen, aber danach war ich vor Anstrengung nass geschwitzt. Ich gehe gerne mit Bruno spazieren. Ich glaube auch nicht, dass er die Hunde fressen würde. Eher, dass er einmal einem leibhaftigen Hund begegnen und ihn beschnüffeln möchte. Wir möchten ja auch gerne mit Menschen zu tun haben. Weil Bruno aber so groß und nicht mein Hund ist, kann ich mich auf derlei Experimente nicht einlassen.
Danach war Bruno restlos zufrieden und ich nass geschwitzt. Wo kann man sich am besten erholen? bei Tieren, die keine Jäger sind, zum Beispiel bei den Schafen. Gehst Du zuerst zu den alten, dachte ich mir, die treten dir nicht auf die Füße und rennen dich auch nicht um, weil sie so gierig sind. Holte mir meinen Klappstuhl und trug ihn in den Stall.



Beide, Conny und Willi, die ältesten Lenauer, zusammen mit Fleckchen, sehen, wenn man sie so einfach anschaut, sehr gebrechlich aus, vielleicht denkt man auch, dass sie Schmerzen haben. Sicher haben sie auch Schmerzen. Beide haben verformte Beine und Füße, sie bewegen sich sehr langsam. Aber sie sind sehr aufmerksam und nehmen an allem Anteil. Jemand, der starke Schmerzen hat, sondert sich ab und nimmt nicht mehr an allem teil. Diese Tiere können mit ihrer Altersschwäche gut umgehen. Sie freuen sich an allem, was schön ist und zeigen, wie intensiv sie alles genießen. Sie genießen ihr Leben, ihr Lebendigsein auch im Alter. Willis Stimme hört man jetzt mehrfach am Tag. Das war früher nie der Fall. Wenn man den Stall betritt, bleiben sie liegen. Sie haben Vertrauen. Klinglers haben ihnen den kleinen Stall gegeben. Das ist ihr Fünf-Sterne-Hotel. Willi hinkt auf seinen drei Beinen. Den Fuß vorne rechts setzt er kaum noch auf. Er hat eine Art des Humpelns entwickelt, mit der er ziemlich schnell ist, wenn er will.
Heute wollte er massiert werden. Den ganzen Rücken vom Kopf bis fast zur Schwanzwurzel, dabei verdrehte er den Kopf vor Wohlbefinden. ich habe heute bemerkt, dass er unten keine Zähne mehr hat. Nimmt er das Gras mit den Lippen? Geht das? Oder frisst er nur noch vom guten Schwarzwaldheu, das im Altenhotel immer zur Verfügung steht? Die kleinen Köttel, die auf der Erde lagen, deuten eher darauf hin, dass Willi mehr heu als Gras frisst. Man kann das sehen, wenn man sich ein bisschen auskennt.
Als Willi "Satt" war mit Massieren, ging er von selbst weg. Dann kam Conny her und ich massierte ihr auch den Rücken. Eine Massage ist wie ein Gespräch. Man erfährt sehr viel von dem Körper, Conny hat keine sehr harten Stellen mehr, ihr Nacken ist auch nicht mehr so hart, trotzdem konnte ich danach feststellen, dass
ihr Rücken weicher geworden war. Beide Tiere haben kein Gramm Fett zuviel am Leib, sind aber auch nicht extrem mager. Das merkt man daran, ob man noch etwas Fett und Bindegewebe auf den Rückenwirbeln findet.
Sogar Fleckchen wollte heute nicht ausgeschlossen sein. Meist mag sie es nicht, berührt zu werden, heute genoss sie es lange. Erstaunlich. Dabei schaute sie mich manchmal an und zeigte mir ihren Überbiss: Ihr Unterkiefer steht über den Oberkiefer vor. Dabei sieht man, dass sie ihre Zähne auf der einen Seite verloren hat, was ihr insgesamt so einen Gangsta-Look gibt....

Sie sieht einigermaßen fies aus, wenn man sie so anschaut, aber ihre Beine tragen sie noch wunderbar überall hin, und zwar ganz schön schnell. Dabei ist sie Willis Zwillingsschwester und keinen Tag jünger als er...
Bald kann man mehr lesen.
Viele Grüße
Christa Brenner-Nees




Die Schule mit den Schafen

Die Schule mit den Schafen, das sind wir. 
Ich war einmal bei einem Rechtsanwalt in Wilmersdorf wegen einer Sache. Wir sprachen über meine Schule, da sagte er: "Ach, das ist doch die Schule mit den Schafen, da am Mehringdamm, wo die Esso-Tankstelle ist, nicht wahr?" Er wusste nichts von der Schule, aber das wusste er.

Also, wir sind die Schule mit den Schafen.
Nur sind unsere Schafe nicht mehr auf dem Schulhof, wie es über 25 Jahre lang so war. Wie es dazu kam, ist eine lange Geschichte... Doch heute noch, dreieinhalb Jahre, nachdem die Schafe nach Garz umgezogen sind, sagen manchmal Kinder zu mir: "Ich finde es schade, dass die Schafe nicht mehr an der Schule sind!" 
Dazu kann ich nur sagen: Ich finde es auch sehr schade. Als ich 1989 den Weg durch die Baruther Straße an der Friedhofsmauer entlangging, ich sollte mich in der LenauSchule als Lehrerin vorstellen - bei Herrn Höhne war das, er war damals der Schulleiter -, da war ich aufgeregt: Wie würde die Schule wohl sein?  Würde sie mir gefallen? Würde ich bleiben wollen? Vorher hatte ich meine beiden Schulen jeweils nach etwa sechs Jahren satt gehabt und gewechselt. Ich kannte da alles, es war dann immer dasselbe und ich fühlte mich zu jung, die nächsten dreißig Jahre immer dasselbe zu tun.
Da hörte ich einen Hahn krähen. Das konnte nur eine Täuschung sein. Ich war mitten in Kreuzberg und hörte einen Hahn? Und blickte nach links auf den Hof: Da waren Hühner und-- Schafe! Das hatte ich nicht gewusst. Eine Schule, an der es Hühner und Schafe gibt??? Das konnte keine schlechte Schule sein!!! Mit diesem Gefühl betrat ich die LenauSchule und dachte: Hier wird nicht alles langweilig und immer gleich sein! 
Und so war es ja dann auch.....