Mittwoch, 17. Juli 2013

Was ist mit Nello los?

Liebe Schafsfreunde, liebe Lenauer,

heute war ich zu Besuch in der Schäferei. Na ja, erst musste ich mit Bruno gehen. Der riss fast die Bude ab, als er das Auto kommen hörte. Ehrlich, er übertreibt ganz schön. Deshalb musste der Spaziergang mit ihm auch gleich sofort  sein. Das duldet keinen Aufschub.



Es ist heute ziemlich heiß gewesen, blauer Himmel, Sonne, ein wunderschönes Wetter. Aber an unserem Spazierweg steht KEIN Baum!!! Unfassbar. Also über eine sehr lange Strecke kein Schatten. Nun war ich schon recht früh heute da, damit Bruno es nicht so schwer hat mit dem Weg, dem Kreislauf und der Sonne. Er ist ja auch schon acht Jahre alt. 

Als wir am "Totenpfuhl" waren (so heißt der Teich wirklich), sprang Bruno gleich hinein. Am liebsten hätte ich es ihm gleichgetan. Es ist so schön, gemeinsam mit einem Hund zu schwimmen! Aber man ist ja vernünftig und ich musste ihm auch sagen, dass wir jetzt umkehren, denn ich bin ja auch wegen der Schafe da!




Links des Weges steht der Weizen noch. Rechts die Gerste wurde schon abgemäht. Brunos Bad hat ihn erfrischt und ihm den schattenlosen Weg zu seinem Zu-Hause leichter gemacht. Wir schaffen das gut zusammen.


Dann werde ich zum Kaffe eingeladen und Herr K., der Schäfer, und ich sprechen über die Schafe. In diesem Jahr sind ja einige verstorben: Die beiden Alten, Conny und Fleckchen, aber auch Daphne. Und dann verschwand Pamuk. Herr K. meint, jemand habe Pamuk geklaut. Es käme schon einmal vor, ich wollte das nicht glauben. Aber es ist wohl so gewesen. Nach dem Gespräch glaube ich es jetzt auch. Es tut mir so leid. Ich mag Pamuk nämlich sehr. Pamuk gehörte nicht zu den engeren Lenauer Schafen. Sie war auch nie an der Schule auf dem Schafehof wie Thilus, Nello, Alma, Paul, Pauline, Milli und Fläumchen. 

Ich hatte sie einfach dazugenommen und wollte für sie sorgen, weil sie so schöne Wolle hat und ein wunderbares Schaf ist. Und nun ist sie einfach weg. Ein Mutterschaf würde niemals wegrennen und seine Kinder allein lassen. Sie hat nämlich ihre zwei Kinder zurückgelassen. Wenn sie gestorben wäre, hätten wir das auch mitbekommen. Es ist ein Rätsel und ist mir sehr unheimlich. Es ist nämlich in der Schäferei noch nie ein Schaf weggekommen. Doch Herr K. sagt, er weiß, dass es manchmal woanders schon so gewesen ist.

Dann ist es schon halb elf Uhr und ich mache mich auf zu den Schafen. Sie liegen vorn auf ihrer Weide, mitten in der Sonne! Ich versteh das nicht! Niemand versteht das. Sie haben die schönen großen Weidenbäume als Schattenspender und nutzen sie nicht. Dort geht auch ein schöner Wind. Die Blätter sind dicht, es ist angenehm kühl und frisch unter den Bäumen. Und unsere Schafe liegen mitten in der Sommerhitze, ungeschützt! 

Wenn die Bäume nicht wären, dann könnte jemand sagen: Das ist Tierquälerei. Die Bäume sind aber da, nur die Schafe gehen nicht hin. Sie liegen vorne am Zaun.

Nello hat mich als erster gesehen und ruft mit seiner heiseren Stimme. Alle springen auf, ich lotse sie unter die Bäume und verteile dort das Knäckebrot und etwas von den Pellets, Kraftfutter.

Sie sind gierig wie immer. Aber etwas fehlt, einer fehlt. Ganz vorne im Gras ein dunkler Kopf. Nello. Er ist nicht mitgekommen? Obwohl er sonst der Gierigste von allen ist?! Das gefällt mir nicht.

Ich setze mich zu ihm. Er ist aufmerksam, frisst, will nicht trinken, möchte gerne noch mehr fressen, steht aber nicht auf. Ich fühle an seinen Beinen: Dort ist nichts Offensichtliches festzustellen, nur finde ich, dass er die Vorderbeine so abknickt und seine Stellung nicht mal verändert.

Ich weiß, dass er etwas an den Gelenken hat. Er kann sich nicht mehr so ganz leicht erheben. Doch war er bisher immer mit dabei. Es dauerte nur ein wenig länger.

Herr K. und ich verabreden, dass er mich heute Abend anruft und mir sagt, was er gesehen hat und ob Nello später am Tag noch aufgestanden ist.



Herr K. rief eben an. Nello lag noch, als er auf die Weide kam. Er half ihm hoch, dann fing Nello an zu grasen, Herr K. gab ihm Kraftfutter und Wasser. Nello fraß, trank und graste.  Nello ist nun auch 11 Jahre alt. Doch immer wirkte er schwächer als Thilus, der im gleichen Jahr geboren ist, 2002.


Nello hat eine Patin. Sie zahlt seine Pensionskosten und nimmt weiterhin Anteil an ihm. Frau Biel ist die Lehrerin unserer Schule, die viele Jahre die Schüler und die Schulschafe mit Schulprojekten zusammengebracht hat. 

Einige Jahre betreuten wir gemeinsam die Schafe. Als Frau Biel pensioniert wurde, habe ich dann die Schafe sozusagen "übernommen".

Nun wird Nello in der Schäferei mehr Aufmerksamkeit bekommen, täglich Kraftfutter und Hilfe beim Aufstehen, wenn es nötig ist. Wir hoffen beide, Herr K. und ich, dass diese Schwäche nicht anhält. 

Herr K. will noch ein neues Stück Weide öffnen. Darauf sind alle Schafe immer ganz scharf. Wenn man den Zaun auch nur ein kleines Stückchen nach hinten versetzt, stürzen sich die Schafe auf das Stückchen Wiese, das noch nicht abgeweidet wurde. 

So hat Nello vielleicht noch mehr Grund, sich aufzuraffen, wenn es schönes frisches Gras gibt.

Worüber wir uns alle wundern, wir fassen das nicht, ist, dass unsere Schafe ständig in der Sonne liegen, obwohl sie in den Schatten gehen könnten.... So blöd kann doch keiner sein. Aber es ist so.

Jetzt ist Däumchendrücken für Nello "angesagt", ich hoffe sehr, dass er wieder mehr zu Kräften kommt. Frau Raupach habe ich auch schon informiert, vielleicht fällt ihr etwas dazu ein. Dann frag ich auch noch Ernesto. Ernesto kennt sich mit Schafen aus wie kein zweiter.

Also heute hat mir das Berichten nicht so viel Spaß gemacht. Vielleicht gibt es ja auch noch Schafsexperten, die noch einen Tipp für uns haben, wie wir Nello stärken können, so dass er wieder mühelos aufstehen kann und besser "auf die Beine kommt".... :))

Viele Grüße
Eure Minna


2 Kommentare:

  1. Hallo Minna.

    Ich bin der @schafzwitschern drüben von Twitter. Der erste Kommentar ist ja verloren gegangen und da schreib ich einfach nochmal. Zunächst mal zur Sonne. Schafe sind sehr eigen in ihrer Platzwahl, und weil nicht einzelne Tiere entscheiden, sondern quasi das Kollektiv kann es sein, dass Schattenplätze nicht angenommen werden. Schafe suchen sich erhöhte Plätze aus und liegen auch lieber auf Kuppen als in Mulden. Außerdem ziehen sie trockene Plätze vor. Wenn die Bäume etwas ungünstig liegen, kann es sein, dass Schattenplätze gemieden werden. Ihr werdet da nicht viel dran ändern können aber ihr könnt versuchen, das Wasser oder einen Mineralleckstein in der Nähe zu platzieren, wie Herr K. das ja auch schon gemacht hat, um ihnen den Schattenplatz schmackhafter zu machen.

    Zu Nello kann ich natürlich aus der Entfernung nicht viel sagen… Aber 11 ist auch für einen Kerl ein gestandenes Alter. Möglicherweise hat sich auch eine verschleißbedingte Entzündung in den Gelenken gebildet. Schaut, ob die Gelenke dicker sind und umgreift alle Gelenke mit der ganzen Hand um zu fühlen, ob eines heißer ist. Wenn muss das antibiotisch behandelt werden. Jedoch ist vermutlich Verschleiß der Grund und so wird das auch wieder auftreten und die Behandlung von Gelenken mit Antibiotika ist aufgrund der schlechten Durchblutung sehr schwierig und nicht selten erfolglos.

    Ich weiß aus deinen Texten hier und bei Twitter, dass dir sehr viel an den Schafen und an Tieren im Allgemeinen liegt. Nun seit ihr aber in der Situation der wir Schäfer uns ständig stellen müssen. Nello hat das Ende seines Lebens erreicht und er ist angeschlagen wie er ist vermutlich nicht mehr in der Lage die 12 KG Gras zu fressen, die er täglich aufnehmen sollte. Kraftfutter kann einen Schwung Energie geben, aber er braucht das Gras. Legt ihm etwas Heu hin fürs Erste, wegen der Rohfaser und um etwas Zeit für eine Entscheidung zu gewinnen…

    Bei uns Menschen ist der Lebenswille stark ausgeprägt, vor allem weil wir uns über Dinge wie dem Leben nach dem Tot Gedanken machen und Angst haben einfach nicht mehr da zu sein. Aus meiner Erfahrung ist das bei Schafen aber nicht so. Auch Schafe, die noch laufen können, lassen sich manchmal einfach fallen und geben auf. Man kann sie pflegen und aufrichten sie mit Kraftfutter, Infusionen, Vitaminen und Medikamenten vollstopfen und trotzdem bleiben sie einfach liegen. In freier Wildbahn würden die Raubtiere das Ganze dann schnell erledigen aber durch den geschützten Lebensraum den wir unseren Tieren bieten nehmen wir der Natur den Raum, den sie braucht, um lange Qualen zu ersparen. Mein Chef ist Tierarzt und bei dem gehen tagtäglich Menschen ein und aus die ihre Tiere unter allen umständen am Leben halten wollen. Nicht weil es das Beste für die Tiere ist, sondern weil sie Angst vor der Trennung haben. Sich nicht mehr richtig bewegen zu können, löst sicher auch bei Katzen und Hunden aber vor allem bei Fluchttieren wie dem Schaf oder dem Pferd Ängste aus, der wir auch durch die "gewohnte Umgebung" nicht Herr werden können, da es sich ja bei Schafen nicht um Territorialtiere handelt.

    Sei's drum, du weißt, worauf ich hinaus möchte. Als Tierhalter ist man aus meiner Sicht, in der Verantwortung auch manchmal die Entscheidung über Leben und tot zu treffen, um den Tieren leid zu ersparen. Nello hat ja schon länger Probleme und möglicherweise ist er dem Leid geworden. Ich will euch nicht in die eine oder andere Richtung drängen aber die Verantwortung, die ihr übernommen habt, beinhaltet auch, die eigenen Gefühle wenn nötig auszublenden. Das ist nicht einfach und ich habe das auch lernen müssen. Wenn ihr euch schwertut, holt euch den Ratschlag eines erfahrenen Schafhalters oder des Tierarztes dazu.

    Also, liebe Grüße und alles Gute

    Sven

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  2. Ach ganz vergessen. Auch eine Möglichkeit wäre Durchtrittigkeit. Das kann man im Text schwer erklären. Schau mal in den Büchern nach. Durchtrittigkeit kommt vorallem bei alten Schafen vor und immer erst oder nur bei den Hinterbeinen. Das führt dann zu eine Sehnenentzündung und kann leider nicht behandelt werden.

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